Wer ist ihr im Alltag nicht schon begegnet, der Hundeschule mit Gruppenunterricht, in der mindestens ein Hund durch lautes Bellen aufgefallen ist? "Ja..., wie soll's der Hund sonst lernen?!?", mögen manche entgegen.
Auf jeden Fall nicht so. Weil es rasches Lernen zwar nicht verunmöglicht, aber die Chance, dass er das lernt, was wir eben nicht möchten, sehr gross ist...
Ja, es stört. Lautes Bellen. Vor allem, wenn es für Mensch auf Anhieb nicht klar ist, warum sich der Hund "so ungehörig" benimmt. Und *zack*, schon bekommt er den Leinenruck verpasst, zusammen mit einem knackigen "Nein" oder ähnlich.
Gutes, faires Training, das allen Beteiligten in der Situation Freude bereitet schaut anders aus.
Was dich stört, ist möglicherweise sein Ruf nach Hilfe!
Bedenke, statt zu fragen, "ja wo soll er's denn lernen??" überlege dir, was soll er denn lernen? Was genau erwartest du in welcher Situation in deiner Welt? Okay, wenn du täglich mehrere Stunden mit einer Gruppe von Hunden unterwegs bist, würde ich dir entgegen: "Wäre weniger vielleicht mehr? Kannst du dir vorstellen, dass es dein Hund derzeit mit seiner psychischen Verfassung, mit seiner vielleicht körperlichen Verfassung, vielleicht altersbedingt, (noch) gar nicht in der Lage ist, die Situation XY zu meistern? Ich jage dich ja auch nicht ungesichert das Matterhorn hoch...
Verlange vom Hund, was du bereit bist auch zu meistern. Nimm deinen Hund wahr und gönne ihm die Zeit die er braucht, um in angemessenen Lernschritten das zu lernen, was du von ihm erwartest. Gestalte das Lernumfeld so, dass er das von dir beabsichtige Verhalten überhaupt fähig ist zu zeigen!
Es ist dein Ziel, ab und wann in einer Gruppe mit deinem entspannten Hund unterwegs zu sein? Dann schaff ihm die Möglichkeit, dass er überhaupt mal eine einzige Fremdhundbegegnung gut bewältigt!
Ob er dies gut schafft weisst du, wenn du die sehr leisen, kleinen Signale lesen kannst, die Hunde fortwährend 'sprechen'. Ja..., sie sind regelrechte Plaudertaschen, unsere Hunde. Wenn sie denn dürfen. Ihre Stimme gehört (resp. gesehen) wird.
Und nein, es bedeutet nicht, hunderte von Metern auf einer Wiese stehen zu müssen, weil dein Hund es sonst nicht schafft, ruhig zu bleiben. Wenn du aus einer Gruppe rausgeschickt wirst ("mach bitte grössere Distanz"), und das wiederkehrend von Lektion zu Lektion..., dann darfst du getrost die Gruppe / das Training für immer verlassen. Dann stimmt was nicht, dann stimmt etwas mit der Anleitung und die Begleitung deines Teams nicht.
Lerne die Hundesprache!
Ja, es mag dich regelmässigen Besucher und regelmässige Besucherin meiner Seiten langsam nerven, von mir mantramässig stets das gleiche zu lesen und zu hören: Lerne die Hundesprache!
Aber wie willst du denn deinen Partner auch verstehen und durch's Leben begleiten, wenn du seine Sprache nichts sprichst? Stell dir vor, du lebst mit deiner fremdsprachigen Menschenpartnerin oder deinem fremdsprachigen Menschenpartner zusammen. Mindestens ein Teil der Beziehung wird aber subito eine Fremdsprache lernen. In der Mensch-Hund-Beziehung lernen sehr wohl mit oder ohne deinem Zutun ein Teil die Menschensprache.... nur nützt ihm -deinem Hund- dies nicht sehr viel, wenn du seine Sprache nicht verstehst...
Du siehst, auf was ich hinaus will?
Betrachte die Körperausrichtungen der nachstehenden Hunde. Diese sind weder von den Bezugspersonen so gewollt, noch ist es Zufall, dass die Hunde da stehen wie sie stehen. Sie kommunizieren!
Auf beiden Fotos siehst du Hunde, die Distanz machen. Und zwar durchaus erwünscht!
Nicht auf Krawall aus, sondern gekonnt auf Deeskalation.
Erwünschtes Verhalten. Sie können es.
Wenn sie dürfen.
Denn sie haben es bereits an Bord.
Und wenn es ihnen nicht "abgestraft" und verunmöglicht wurde, dann zeigen sie es fortwährend!
Im ersten Bild stehen die sich eigentlich fremden Hunde mit etwas Abstand zueinander auf Baumstämmen: Rücken zu Rücken, Blicke abgewendet vom anderen Hund. Das ist kein Zufall. Das ist Kommunikation!
Im zweiten Bild siehst zwei Hunde, parallel eng nebeneinander stehen. Auch sie beiden verhalten sich distanzvergrössernd, mit Blicken abgewendet und sogar die Augen zugekniffen. Das ist Kommunikation in dicken fetten Lettern: 'Ich will nichts von dir. Auf jeden Fall will ich keinen Ärger mit dir!"
Trau dich
Was tust du also, wenn dein Hund durch lautes Verhalten unangenehm auffällt in der Hundestunde?
Trau dich, verlasse tatsächlich die aktuelle Stunde deinem Hund zu liebe und suche das Gespräch mit deinem Trainer, deiner Trainerin. Vielleicht bietet er oder sie die Möglichkeit an, dich im Rahmen von Einzeltrainings auf die ganz spezielle Situation des Gruppenunterrichts vorzubereiten. Hierbei muss es das Ziel sein, deinem Hund Erwartungssicherheit zu schaffen. Er muss lernen dürfen, dass er 'gehört' wird, dass sein Mensch ein verlässlicher Partner zu seiner Seite ist und er entspannt mit seinem Menschen in einer Situation bleiben kann (auch wenn es grad schampar doof sein sollte).
Es muss das Ziel sein, dass du lernst, wie du - auch weniger harmonievolle Alltagssituationen gut und sicher bewältigst, zusammen mit einem Hund. Meine Teams hören es jetzt schon in ihren Ohren was gleich kommt... :-) ... "Ja, das Leben ist nicht immer ein Konfiglas!"
Du siehst, es geht mir absolut nicht darum, Situationen zu vermeiden.
Es geht mir konkret darum, jenen Hunden eine Stimme zu geben, die laut werden müssen (laut ist übrigens nicht selten kurz vor ein paar kleine Stufen "Aua machen"). Hunde verdienen es, dass sie gehört werden. Sie verdienen es, eine Stimme zu erhalten. Und sie verdienen es zu erfahren, dass sie verlässliche Menschen zu ihrer Seite wissen.